Es ging um die Vollstreckung eines in Rumänien ergangenen Strafurteils in Deutschland gegen einen deutschen Geschäftsmann. Der Fall schien zunächst keine Besonderheiten aufzuweisen. Der Mandant meldete sich bei unserer Kanzlei, nachdem zuvor bereits eine andere Kanzlei vergeblich versucht hatte, die drohende Vollstreckung des rumänischen Urteils (es ging immerhin um eine dreijährige Freiheitsstrafe) in Deutschland abzuwenden. Es ist gerade im Strafrecht keine Seltenheit, dass Mandanten unsere Kanzlei aufsuchen, nachdem zuvor ein anderer Anwalt in der Sache tätig war. In diesem Fall war es aber so, dass bereits das Landgericht Ellwangen und das Oberlandesgericht Stuttgart als Beschwerdegericht rechtskräftig entschieden hatten, dass das rumänische Urteil in Deutschland zu vollstrecken ist. Damit wäre die Sache eigentlich schon zu Ende gewesen. Dem Sachbearbeiter der Gläser Selenberg Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft, Herrn Rechtsanwalt Josef Gläser, fiel aber auf, dass die Vollstreckungsverjährung nach rumänischem Recht unmittelbar bevorstand. Also wurde zunächst für den Mandanten ein Vollstreckungsaufschub erwirkt und dann der Antrag gegenüber der Staatsanwaltschaft Ellwangen gestellt, die Vollstreckung wegen Verjährung endgültig einzustellen. Leider ließ sich die inländische Vollstreckungsmaschine, war sie erst einmal angelaufen, nicht mehr so einfach bremsen. Die Staatsanwaltschaft Ellwangen vertrat allen Ernstes die Rechtsauffassung, dass mit Übernahme der Vollstreckung hinsichtlich der Verjährung nicht mehr das rumänische Recht, sondern nunmehr das deutsche Verjährungsrecht gelte. Und danach sei eine Verjährung noch in weiter Ferne. Weder der Hinweis, dass sich diese Rechtsauffassung nur schwerlich mit der geltenden internationalen Gesetzeslage in Einklang bringe lasse, noch der Verweis darauf, dass sich der Mandant und deutsche Staatsbürger angesichts der Verfolgungswut der hiesigen Vollstreckungsorgane nunmehr in Rumänien vor der Vollstreckung des rumänischen Urteils durch die deutschen Behörden in Sicherheit bringen könnte (was offensichtlich absurd ist), beindruckten die Staatsanwaltschaft. Leider beeindruckten sie auch nicht die zuständige Vollstreckungskammer des Landgerichts Ellwangen und nicht einmal das Oberlandesgericht Stuttgart als Beschwerdegericht. So blieb nur der Weg nach Karlsruhe. Die höchsten deutschen Richter in roter Robe indes fanden (trotz einer ablehnenden Stellungnahme des Generalbundesanwalts) wenig freundliche Worte für die Sachbehandlung der zuvor mit der Sache befassten Kollegen. Sie beschlossen am 18. Februar 2016 einstimmig, dass die angegriffenen Entscheidungen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Artikel 104 Absatz 1 des Grundgesetzes verletzen. Sie führen aus: Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt. … Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet.
Dies sind für das sich sonst eher zurückhaltend ausdrückende höchste deutsche Gericht deutliche Worte. Zu der streitigen Frage, welches Recht nun auf die Verjährung anzuwenden sei, führt das Bundesverfassungsgericht aus:
Demgegenüber kann auch nicht geltend gemacht werden, dass sich mit der Vollstreckungsübernahme die Frage des Eintritts der Vollstreckungsverjährung ausschließlich nach deutschem Recht richtet und für eine Anwendung von § 57 Abs. 6 IRG kein Raum verbleibt.
Soweit die Gerichte die ausschließliche Anwendung deutschen Rechts zur Feststellung des Eintritts der Vollstreckungsverjährung mit dem Hinweis auf Art. 9 Abs. 3 ÜberstÜbk begründen, steht dem bereits entgegen, dass vorliegend ein Rückgriff auf die Regelungen des ÜberstÜbk nicht in Betracht kommt, da der Beschwerdeführer sich bereits vor seiner Verurteilung in Deutschland aufhielt…
Für den Mandanten hätte die grob fehlerhafte Rechtsanwendung durch eine deutsche Behörde und zwei deutsche Gerichte fast zur Vernichtung seiner wirtschaftlichen Existenz geführt. Glücklicherweise hat das Bundesverfassungsgericht rechtzeitig dafür gesorgt, dass die Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens in letzter Sekunde wieder die Oberhand gewonnen hat.