Ein Artikel von Frau Inge Braune, Mitarbeiterin der Fränkischen Nachrichten, erschienen am Mittwoch, den 18.12.2013: Mehr als nur ein Sturm im Wasserglas?
Weikersheim
Ist die Anfechtung der Bürgermeisterwahl, die derzeit die Gemüter in der Tauberstadt erhitzt, nur ein dem Unmut eines unterlegenen Kandidaten geschuldeter Sturm im Wasserglas? Die FN gingen dieser Frage nach.
Im Rahmen der letzten Gemeinderatssitzung am vergangenen Donnerstag hatte Wahlleiter Gerhard Schwarz bekannt gegeben, dass eine Wahlanfechtung eingegangen ist. Seitens des Landratsamtes wurde – wir berichteten – diese vom 9. Dezember datierende Wahlanfechtung näher erläutert: Sie stamme von einem unterlegenen Kandidaten, der Einspruch sei fristgerecht eingegangen. Als Einspruchsgrund nannte der Pressereferent des Landratsamts Markus Moll auf Anfrage der Redaktion am vergangenen Freitag ein “angebliches Vergehen des wieder gewählten Amtsinhabers gemäß § 107 b Abs. 1 Nr. 2 Strafgesetzbuch”.
Josef Gläser, Fachanwalt für Strafrecht mit Kanzlei in Bad Mergentheim, vertritt Ralf Reupsch, der im ersten Wahlgang am 10. November die zweithöchste Stimmenzahl auf sich vereinigt hatte. In seiner Wahlanfechtung macht Reupsch entsprechend des Paragrafen 31 des Kommunalwahlgesetzes die Verletzung seiner Rechte geltend. Stellt sich die Frage: Welcher Rechte? Jurist Gläser ist der Auffassung, dass das Recht des Bewerbers auf eine korrekt durchgeführte Wahl tangiert worden sei. “Wenn ein unterlegener Bewerber den begründeten Verdacht hat, dass der obsiegende im Zusammenhang mit der Wahl Handlungen vorgenommen hat, die sich mit dem gesetzlichen Ablauf der Wahl nicht vereinbaren lassen, ist eine Wahlanfechtung legitim – auch, wenn diese Handlungen nicht darauf abzielten, die Wahl tiefgreifend zu beeinflussen.”
Nur Scheinwohnsitz?
Die nicht ordnungsgemäße Durchführung der Wahl begründet Gläser mit einem falschen Eintrag in die Wählerliste. Für diese Eintragungen sind laut Paragraf 6 des Kommunalwahlgesetzes Bürgermeister verantwortlich. Keinen Anspruch auf Eintragung ins Wählerverzeichnis habe ein Ehepaar gehabt, das zwar gemeinsam mit einer Tochter seit Dezember 2011 mit Hauptwohnsitz in einer in städtischem Eigentum befindlichen Wohnung gemeldet war, dort aber wohl nie ansässig war. Es handelt sich um eine Kleinwohnung, die zeitgleich und öffentlich bekannt von anderen Nutzern angemietet war, bewohnt wurde und die schwerlich insgesamt vier Personen Platz geboten hätte. Ein Scheinwohnsitz womöglich – ein unwahrscheinlicher dazu, denn der Neurochirurg ist andernorts in Deutschland recht hochkarätig tätig.
Der Vorwurf
Bei seiner Strafanzeige gegen Klaus Kornberger, die der Ellwanger Staatsanwaltschaft seit dem 12. Dezember vorliegt, beruft sich Reupschs Anwalt auf Paragraf 107 b des Strafgesetzbuchs. Der betreffende Paragraf – verkürzt – lautet: “Wer … einen anderen als Wähler einträgt, von dem er weiß, dass er keinen Anspruch auf Eintragung hat … wird mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagessätzen bestraft…” Sollten sich die Vorwürfe als zutreffend herausstellen, wäre dieser Tatbestand erfüllt – mit der Folge, dass sich der Bürgermeister der Fälschung von Wahlunterlagen nach Paragraf 107 b strafbar gemacht habe. Selbstverständlich sei von einem strafrechtlich eher geringen Gehalt auszugehen, was bei geringer Schuld zu einer Einstellung des Verfahrens führen könne, so Gläser. Dann aber sei die Kommunalaufsicht gehalten, in Anwendung von Paragraf 32 Absatz 2 Satz 2 die Wahl für ungültig zu erklären. Sollte die Rechtsaufsichtsbehörde dennoch zu dem Ergebnis kommen, die Wahl sei gültig, bliebe der anfechtenden Partei ein Monat Zeit zur Einreichung einer Anfechtungsklage. Es bleiben bis auf weiteres etliche Fragen offen: Neben der Klärung der Wahlberechtigung der beiden Personen ist wohl auch zu klären, ob es sich bei Bürgermeisterwahlen in Baden-Württemberg bei zwei Wahlgängen um eine einzige, in zwei Etappen erfolgte Wahl handelt oder um zwei separate Wahlen, denn zwischen beiden Wahlterminen scheint zumindest die Abmeldung einer der betreffenden Personen erfolgt zu sein.